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Urlaub trotz Krankschreibung: Verstoß gegen Arbeitsrecht?

Das ist die Gesetzeslage:

 

  1. Urlaub dient der Genesung: Kein Verstoß

 

Falls Sie sich für Urlaub trotz Krankschreibung entscheiden, sollte also der Erholungszweck im Vordergrund stehen. Schließlich hilft Urlaub in manchen Fällen erwiesenermaßen, Krankheiten zu lindern. „Wenn Sie etwa eine Atemwegserkrankung haben, kann es sinnvoll sein, in die Berge oder ans Meer zu fahren. Dann ist der Urlaub auch kein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten", erklärt der Münchner Fachanwalt. Auch bei einer psychischen Erkrankung wie einer Depression kann ein Urlaub der Gesundheit dienen und die Luftveränderung unter Umständen helfen. Grundsätzlich muss man seinem Arbeitgeber nicht mitteilen, wenn man während eines Urlaubs den Wohnort verlässt. Für den Notfall sollte es ihm aber möglich sein, Sie zu erreichen.

 

Krankengeldanspruch während dem Urlaub: Wer als Arbeitnehmer mehr als sechs Wochen krank ist, darf dennoch Urlaub im EU-Ausland machen und weiter sein Krankengeld bekommen: Das hat das Bundessozialgericht im Fall eines Gerüstbauers geurteilt (Az.: B 3 KR 23/18 R). Die Krankenkasse darf bei einem Urlaub ins Ausland nicht einfach die Zahlung einstellen.

 

  1. Urlaub hindert die Genesung: Kündigung möglich

 

Wenn hingegen der Urlaub Ihrer Genesung entgegenstehen könnte, müssen Sie ihn absagen. Sonst kann es, falls Ihr Chef davon erfährt, weitreichende Folgen haben. „Wie so oft kommt es hier auf den Einzelfall an“, weiß Fachanwalt Grünhagen. Angenommen, Sie fahren mit einer akuten Grippe zum Snowboarden, ist es eigentlich klar, dass Sie sich nicht schonen und Ihre Krankheit auskurieren. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um einen Kurzurlaub in der Umgebung handelt oder eine langfristig geplante Urlaubsreise ins Ausland. Ein solches Verhalten kann Grund zur Abmahnung oder sogar – bei Wiederholung oder in gravierenden Fällen – zur fristlosen Kündigung sein. Dies gilt für alle Berufsgruppen  – ganz gleich, ob Beamter oder Handwerker.

 

Noch klarer ist der Fall, wenn Sie eine Krankheit simulieren, um in den Urlaub zu fahren. Dies ist nicht nur ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten, sondern sogar strafbar, weil dem Arbeitgeber die Voraussetzungen für Entgeltfortzahlung, also Lohn ohne Arbeit, vorgetäuscht werden. „Es liegt dann Betrug vor, was regelmäßig eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann“, warnt der Experte für Arbeitsrecht.

Falls Ihr Arbeitgeber Ihnen Fehlverhalten beim Thema Urlaub vorwirft, kann Ihnen eine Rechtsschutzversicherung helfen. Wichtig ist, dass Sie diese nicht erst dann abschließen, wenn eine Abmahnung oder Kündigung bereits im Raum steht. Sie muss vorher gelten.

 

  1. Überprüfung der Krankmeldung

 

Der Arbeitgeber hat in der Regel keine Möglichkeit, die Angaben seines Mitarbeiters zur vorliegenden Erkrankung zu überprüfen (…dies ist auch keine Aufgabe für den Arbeitsmediziner!). Die Krankenkassen allerdings können nach § 275 SGB V (Sozialgesetzbuch - Fünfter Teil) bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einholen. Veranlassung für eine solche Untersuchung besteht immer dann, wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers beseitigt werden sollen.

 

Solche Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit drängen sich nach § 275 Abs. 1a SGB V auf, wenn Versicherte auffällig häufig oder immer während des Urlaubs arbeitsunfähig geschrieben sind oder die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt worden ist, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist.

 

Im Öffentlichen Dienst sehen Regelungen in den Tarifverträgen vor, dass der Arbeitgeber „ bei begründeter Veranlassung berechtigt“ ist, vom Arbeitnehmer eine Untersuchung durch einen Amtsarzt oder das Gesundheitsamt zu verlangen, um die Frage seiner Arbeitsfähigkeit zu klären, so z.B. § 3 Abs. 4 TVöD.

 

 

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